Stillen – Die natürlichste Form, dein Baby zu ernähren
Bereits Monate bevor dein Baby auf der Welt ist, stellt sich eine der wohl wichtigsten Fragen: Wirst du dein Neugeborenes stillen? Denn eine optimale Ernährung ist von Beginn an ein entscheidender Aspekt dafür, dass es sich gesund entwickeln kann. Und Muttermilch ist genau darauf ausgerichtet, enthält alle wichtigen Nährstoffe und stillt die Bedürfnisse von Säuglingen nach Nähe und Geborgenheit. Somit ist Stillen nicht nur die natürlichste Form, dein Baby zu ernähren, sondern sorgt auch für eine enge Bindung. Zudem ist es einfach: Du brauchst dir wenige Gedanken über Menge und Temperatur machen und kannst dein Baby direkt füttern.
Stillen hat viele Vorteile – sowohl für deinen kleinen Schatz als auch für dich. Trotzdem kann es Herausforderungen mit sich bringen, die du jedoch mithilfe von Expertentipps meistern kannst.
Warum ist das Stillen die beste und natürlichste Form,
dein Baby zu ernähren?
Die Natur hat Säugetiere wie Löwen, Schimpansen, Pandabären und Buckelwale perfekt darauf vorbereitet, ihren Nachwuchs optimal und ohne große Mühe zu versorgen. Das ist entscheidend, weil es ihr Überleben sowie das Fortbestehen ihrer Art sichert. Ähnliches trifft auch auf uns Menschen zu. Denn Muttermilch liefert Neugeborenen genau das, was sie in den ersten Lebensmonaten brauchen.
Ihre besonderen Kennzeichen:
- enthält alle wichtigen Nährstoffe in der Qualität und Menge, welche Babys brauchen
- versorgt sie mit Eiweißen, Fetten, Kohlenhydraten, Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen
- ist leicht verdaulich
- ist immer und überall sofort verfügbar
- hat immer die optimale Trinktemperatur
- ist hygienisch einwandfrei
- passt sich den Nahrungsbedürfnissen an, die sich mit dem Größerwerden verändern
- verhindert, dass das Baby überernährt wird
- beinhaltet besondere Abwehr- und Schutzstoffe, die vor Erkrankungen schützen und das Immunsystem stärken können
- ist kostenlos
Welche Vorteile hat Stillen für Babys?
Nicht ohne Grund legt man Neugeborene nach der Geburt auf Brust oder Bauch der Mütter. Auf diese Weise spüren sie die körperliche Nähe, Wärme und den Herzschlag, die sie durch ihre Zeit im Mutterleib genau kennen und die ihnen Geborgenheit sowie Sicherheit schenken. Daher ist das Stillen nicht nur eine Form der Nahrungsaufnahme, sondern erhält und festigt die enge Bindung, die ihr beide miteinander habt.
Des Weiteren löst das Stillen eine Vielzahl positiver Gefühle bei deinem Baby aus. Dafür sind Hormone wie das Oxytocin verantwortlich, die beruhigend wirken. Aus diesem Grund schlafen Säuglinge häufig beim Stillen oder direkt danach friedlich ein. Daher ist es auch eine Einschlafhilfe.
Ein weiterer Vorteil des Stillens: es fördert die körperliche Entwicklung deines Babys nachhaltig. Studien zeigen auf, dass Asthmaerkrankungen, Neurodermitis und Diabetes bei gestillten Kindern seltener auftreten. Zudem erkranken sie weniger oft an Infekten und haben einen gesünderen Darm.
(https://www.stillen-institut.com/de/bedeutung-des-stillens.html 4.6.2024)
Muttermilch enthält verschiedene lebende Organismen sowie bestimmte Antikörper, die das Immunsystem stärken und Krankheitserregern entgegenwirken können.
Eine Studie der Tufts University von Massachusetts (https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2221413120 4.6.2024 stellt außerdem die Theorie auf, Stillen könne die Hirnentwicklung positiv beeinflussen. Laut den Untersuchungen wirkt sich Muttermilch, genauer gesagt ein bestimmtes Zuckermolekül, auf die Intelligenz der gestillten Kinder aus.
Welche Vorteile hat Stillen für Frauen?
Nicht nur dein Baby baut durch das Stillen eine intensive Beziehung zu dir auf – umgedreht verhält es sich genauso. Auch bei dir lösen Nähe sowie ausgeschüttete Hormone Glücksgefühle aus. Das hilft dir dabei, die Anstrengungen von Schwangerschaft und Geburt besser zu verarbeiten.
Positiv wirkt sich das Stillen ebenso auf deinen Körper aus. Die Gebärmutter bildet sich schneller zurück, wofür die Stillhormone Oxytocin und Prolaktin verantwortlich sind. Um Muttermilch zu produzieren, braucht dein Körper Energie. Auf diese Weise kannst du einfach und schnell wieder das Gewicht erreichen, was du vor der Schwangerschaft hattest.
Außerdem belegen wissenschaftliche Untersuchungen, dass stillende Frauen seltener an Brust- und Eierstockkrebs sowie Diabetes, Osteoporose und multiple Sklerose erkranken.
(https://www.stillen-institut.com/de/bedeutung-des-stillens.html, https://www.stillen-institut.com/de/laengeres-stillen-verringert-muetterliches-risiko-fuer-multiple-sklerose.html 04.06.2024)
Kannst du aus gesundheitlichen Gründen nicht stillen oder möchtest lieber die Flasche geben? Auch dann kannst du eine enge Bindung zu deinem Baby haben. Halte es ganz nah, während du ihm die Milchflasche gibst, und stelle im besten Fall durch nackte Haut engen Körperkontakt her. Auf diese Weise entsteht eine ähnliche Situation wie beim Stillen, die positive Gefühle wie Vertrautheit und Sicherheit erzeugen kann. Und für alle Papas: Ihr könnt auf die gleiche Weise große Nähe zu eurem Baby aufbauen, wenn ihr es mit der Flasche füttert. |
Häufigkeit: Wie oft solltest du dein Baby stillen?
Die Antwort auf diese Frage ist keine Zahl, sondern lautet „bedürfnisorientiert“. Hunger und Durst deines kleinen Schatzes richten sich weniger nach einem Plan. Es möchte an deine Brust, wenn es hungrig oder durstig ist, und nicht, wenn zwei Stunden vorbei sind. Zudem wird es nicht immer genau eine halbe Stunde trinken, sondern auch nur einmal wenige Minuten. Achte auf die Signale deines Babys, stille nach Bedarf und nicht nach einem Plan.
Darüber hinaus dient das Stillen nicht allein der Nahrungsaufnahme, sondern wirkt auf Süglinge beruhigend, gibt ihnen Sicherheit und hilft ihnen beim Einschlafen.
Auf was solltest du während der Stillzeit achten?
Während du in der Schwangerschaft auf einige Lebensmittel verzichten musstest, weil sie deinem ungeborenen Kind schaden können, kannst du während der Stillzeit grundsätzlich alles essen.
Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass zum Beispiel Tomaten, Gurken oder Zitrusfrüchte für einen wunden Po beim Baby sorgen. Auch Kohl, Lauch, Zwiebeln, Hülsenfrüchte und Co müssen nicht für die Blähungen deines kleinen Schatzes verantwortlich sein.
Hinsichtlich der Ernährung in der Stillzeit ist wichtig, dass du ausreichend und regelmäßig essen solltest. Um Muttermilch zu produzieren, braucht dein Körper Energie und Flüssigkeit. Deshalb solltest du auch genug trinken.
Stillst du dein Baby, dann trinke selbst auch etwas. So denkst du automatisch daran, deinen Körper mit genug Flüssigkeit zu versorgen. Mindestens 2 Liter solltest du täglich trinken. Dafür eignen sich Wasser und ungesüßte Früchte- oder Kräutertees am besten. Sprich letzteres mit einer Hebamme oder einem anderen Experten ab. Salbei- und Pfefferminztee sollen die Milchbildung hemmen, während Fencheltee die Milchproduktion anregen soll. |
Musst du Medikamente einnehmen, solltest du den Beipackzettel unbedingt durchlesen bzw. deinem Arzt/ deiner Ärztin sagen, dass du stillst. Es gibt Präparate, die auf die Muttermilch übergehen und deinem Säugling schaden könnten.
Außerdem vertragen sich Stillen und Alkohol nicht. Auch dieser geht in die Muttermilch über und kann zu Schäden bei deinem Baby führen.
Stillen und Rauchen: In der heutigen Zeit sind die Risiken des Rauchens genau bekannt. Daher sollte es selbstverständlich sein, dass Rauchen in der Stillzeit genauso wie in der Schwangerschaft ein absolutes No-Go ist. |
Herausforderungen: Das sind mögliche Stillprobleme
Über das Stillen bekommt dein Kind auf natürliche Weise seine Nahrung. Sein Saugreflex ist zwar angeboren, dennoch müsst ihr beide das richtige Stillen lernen. Denn nicht immer klappt es auf Anhieb und es kann zu Problemen kommen, die sowohl bei dir als auch bei deinem Baby liegen können. Die gute Nachricht: Stillprobleme sind nicht unlösbar. Wenn du dazu bereit bist, kannst du dein Baby trotzdem stillen. Hast du eine Hebamme, kann sie dir dabei helfen. Außerdem bieten Kliniken, Geburtshäuser, Hebammen und weitere Träger eine Stillberatung an.
Mögliche Stillprobleme, die bei der Mutter auftreten können:
- zu wenig Milch
- zu viel Milch
- wunde Brustwarzen
- Milchstau
- Brustentzündung
- Brustsoor (Pilzinfektion)
Mögliche Stillprobleme, die beim Kind auftreten können:
- Baby ist zu müde und schläft beim Stillen ein
- falsches Fassen der Brustwarze
- verkürztes Zungenbändchen
- Mundsoor (Pilzerkrankung)
Richtiges Anlegen – Tipps, damit es mit dem Stillen klappt
Am häufigsten treten Probleme beim Stillen auf, weil das Baby nicht richtig angelegt ist. Dann passiert es leicht, dass es die Brustwarze beim Saugen verletzt, was wiederum zu Schmerzen und Entzündungen führen kann. Normalerweise zeigt man dir nach der Geburt im Geburts- oder Krankenhaus, wie du dein Baby richtig anlegst und das verhindern kannst. Auch deine Hebammen hilft dir zu Hause dabei, die richtige Stillposition zu finden.
Grundlegende Tipps:
- Achte darauf, dass der gesamte Körper deines Babys Kontakt mit deinem hat.
- Sein Kopf sollte gedreht sein und das Gesicht zu deiner Brust zeigen.
- Warte, bis dein Baby seinen Mund weit genug geöffnet hat, damit es die komplette Brustwarze aufnehmen kann.
- Sorge für eine entspannte, ruhige Position beim Stillen. Ist deine Haltung angespannt und unbequem, kann sich das auf dein Baby übertragen und es trinkt womöglich deswegen unruhig.
- Lass nach dem Stillen Reste der Muttermilch an der Brust trocknen. Ihre Inhaltsstoffe haben eine beruhigende und entzündungshemmende Wirkung.
Wie Stillen? Das sind mögliche Stillpositionen
- Wiegen-Haltung: Sie ist die klassischste und häufigste Art, wie Mütter ihre Säuglinge stillen. Setze dich dazu aufrecht hin und halte dein Baby im Arm, sein Kopf liegt in deiner Armbeuge. Dein Unterarm stützt seinen Rücken, während du mit deiner Hand den Oberschenkel deines Babys umfasst.
- Football-Haltung: Man nennt sie auch Seiten- oder Rückenhaltung, weil dein Baby dabei seitlich auf dem Rücken liegt. Nutze dafür ein (Still-)Kissen, das du neben dich positionierst, und lege darauf dein Baby mit den Beinen nach hinten. Stütze mit deinem Arm seinen Rücken und mit deiner Hand seinen Kopf. So kannst du es gezielt führen und es richtig anlegen.
- Stillen im Liegen: Lege dich dazu auf die Seite, dein Baby mit dem Gesicht vor dir in Seitenlage. Seine Nase sollte auf Höhe deiner Brustwarze sein. Stütze seinen Rücken mit dem Oberarm, einem zusammengerollten Handtuch oder einem Kissen. Ist dein Baby schon älter, kann es sich selbst zu dir drehen und sich stützen. Dann ist das Stillen in dieser Position sehr angenehm – vor allem nachts.
- Laid-back-Nursing oder zurückgelehntes Stillen: Diese Position unterstützt das natürliche Stillen, bei dem das Baby die Führung übernimmt. Neugeborenen ist es in die Wiege gelegt, intuitiv den Weg zur Brust zu finden. Sie robben alleine dorthin und docken selbstständig an. Dafür sorgt der angeborene Such- und Andock-Reflex. Diesen kannst du bei dieser Stillposition nutzen, bei der du dich in einer halb sitzenden, halb liegenden Haltung befindest. Lege dein Baby auf deinen Bauch mit der Brustwarze vor seiner Nase und dem Kinn auf der Brust. Dein Körper stützt es dabei ohne Anstrengung durch die besondere Haltung. Überlasse es nun deinem Baby, richtig anzudocken, und unterstütze es nur bei Bedarf.
- Hoppe-Reiter-Sitz: Setze deinen kleinen Schatz auf einen Oberschenkel wie beim „Hoppe Reiter“. Abhängig von seiner Größe musst du den Abstand zwischen deinem Oberschenkel und deiner Brust anpassen, damit dein Baby ohne große Mühe andocken kann. Für größere Kinder ist diese Stillposition ideal, weil sie selbstständiger trinken und dabei aktiver sein können. Bei einem Neugeborenen solltest du den Rücken und den Kopf gut stützen, dann kannst du auch diese Stillposition einnehmen.
Dauer des Stillens: Wie lange sollte man es tun?
Als Empfehlung gibt die Nationale Stillkommission eine Stilldauer von mindestens 4 Monaten an, die WHO eine Dauer von einem halben Jahr. Das bedeutet, dass du dein Baby bis zu seinem 5. bzw. 6. Lebensmonat voll stillen solltest. Danach kannst du mit Beikost starten, welche die Muttermilch im Laufe des 1. Lebensjahres mehr und mehr ersetzt.
Wie lange du schlussendlich stillst, bestimmst du selbst. Grundsätzlich sind Babys Säuglinge und sollten weiterhin Milch trinken, wenn sie bereits Beikost bekommen. Möchtest du vor dem Ende des 1. Lebensjahres abstillen, dann solltest du eine Ersatzmilch füttern.
„Stillen ist die normale Ernährung eines Babys. Es gibt keinen gleichwertigen Ersatz. Stillen fördert die Bindung zwischen Mutter und Kind und verringert das Risiko vieler
Erkrankungen. Die WHO empfiehlt aus gutem Grund, dass Kinder die ersten sechs
Lebensmonate ausschließlich gestillt werden sollten.“
Aleyd von Gartzen, kommissarische Beauftragte für Stillen und Ernährung des Deutschen Hebammenverbandes (https://www.hebammen-nrw.de/cms/fileadmin/redaktion/Aktuelles/pdf/2014/Interview_mit_der_DHV_Bundesstillbeauftragten_von_Gartzen.pdf 5.6.2024)